Delegationsreise nach Griechenland [Teil 1]

Seit heute ist eine Gruppen von vier Personen des „Internationalistischen Zentrums“ Dresden auf dem Weg nach Griechenland. In Kooperation mit dem Dresden-Balkan-Konvoi wollen wir Informationen über die aktuelle Situation der Geflüchteten in Griechenland sammeln und herausfinden welche selbstorganisierten Solidaritätsgruppen und Projekte es gibt.

Uns ist es wichtig, dass Solidarität einen politischen Rahmen bekommt, denn Fluchtursachen sind meist politisch-ökonomischer Natur und eine reine karitative Hilfe wird nichts an der Abschottungspolitik Europas und globalen Ausbeutungsverhältnissen ändern. Neo-Kolonialismus in seinen verschiedenen Ausprägungen wie Landgrabbing, Rohstoff- und Biopiraterie, Waffenexporte, und Freihandelsabkommen oder Kriegseinsätze unter dem Deckmantel der humanitären Hilfe, die Unterstützung von Diktator*innen und autoritären Regimes und die Militarisierung der europäischen Außengrenzen seien hier nur beispielhaft genannt.

Der Kapitalismus braucht diese Strategien der Unterdrückung und Spaltung der Menschen. Er ist eine politische Ideologie der Ungleichheit und eine der grundlegenden Fluchtursachen. Das Recht auf globale Bewegungsfreiheit für alle Menschen muss daher auch politisch erkämpft werden. Es steht der Selektion von Geflüchteten in „echte“ und „falsche“ bzw. „nützliche“ und „unnütze“ entgegen. Wenn wir mit blinden Kochaktionen o.ä. dabei helfen die staatlichen Selektion der Geflüchteten und das Grenzregime aufrecht zu erhalten, manövrieren wir uns in eine Sackgasse.

Vom Standpunkt der „politischen Solidarität“ mit Geflüchteten interessiert uns daher besonders, in wie weit sich Geflüchtete selbst organisieren bzw. ob es gemeinsame Diskussionen, Standpunkte und Projekte von Geflüchteten und dem sog. antiautoritären Raum¹ gibt. Uns ist bewusst, dass dies alles vor dem Hintergrund der sog. Krise und der deutsch-europäischen Sparpolitik stattfindet. Das Leben vieler Menschen in Griechenland wurde ruiniert, die Jugendarbeitslosigkeit ist enorm hoch und viele leben unterhalb der Armutsgrenze. Die Situation ist nach wie vor sehr angespannt, auch wenn die deutschen Medien kaum noch darüber berichten. Dies werden wir in unser Betrachtungen und Fragen einbeziehen.

Interviews mit Menschen vor Ort und Berichte über politische Solidaritätsstrukturen sollen helfen die aktuelle Lage zu verstehen. Darüber hinaus werden wir Kontakte aufbauen, um einen dauerhafteren Austausch mit Projekten, Initiativen und Gruppen zu gewährleisten. Nach unserer Rückkehr wollen wir die gesammelten Informationen und Eindrücke mit euch teilen. In Form von Vorträgen und Diskussionen möchten wir gemeinsam analysieren, wie eine Übersetzung auf die lokale Situation in Dresden gelingen kann und was wir von den griechischen Strukturen lernen könnten.

Einen Anknüpfungspunkt sehen wir in den Forderungen nach „Sozialen Zentren für alle“ wie beispielsweise in Leipzig oder Berlin. Anfang Januar wird es dazu bereits eine Veranstaltung mit Gästen der Leipziger Kampagne „social center for all“ geben. Wünschenswert wäre eine Auseinandersetzung mit den Konzepten auch in Dresden.

Außerdem steht uns mit dem 06. Februar ein europaweiter Aktionstag der Rechtspopulist*innen ins Haus. Es wäre eine Chance gemeinsame Protest mit Geflüchteten zu organisieren und zusammen grundlegende Kritik an der Abschottungspolitik auf die Straße zu tragen und den rassistischen Konsens anzugreifen. Der offene Rassismus auf Europas Straßen und die rassistische Politik der Institutionen gehen Hand in Hand. PEGIDA und Frontex sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Bloße Lippenbekenntnisse wie „Refugees welcome!“ auf Anti-PEGIDA-Demos hören sich leider nur gut an. Wir müssen uns jedoch auch fragen in welcher Welt wir gemeinsam leben wollen und wie wir ein solidarisches und würdevolles Leben für alle erreichen können. Der Kapitalismus und der rassistische Alltag bietet dafür keine Chance.

In diesem Sinne:

Solidarität muss politisch werden!
Globale Bewegungsfreiheit für alle!
Kapitalismus überwinden!

Die Delegation des „Internationalistischen Zentrums“ in Dresden

Folgende Orte wollen wir besuchen:

Idomeni
Thessaloniki
Insel Chios
Insel Lesbos
Athen

Bitte verbreitet die Informationen, die ihr in den kommenden Tagen auf unserer Homepage finden werdet. Wir hoffen auch geflüchtete Menschen und ihre Angehörigen zu erreichen.

Am 28.12. fährt ein weiteres Auto von Dresden nach Thessaloniki. Solltet ihr Interesse haben und unsere Arbeit unterstützen wollen, dann meldet euch per Mail bei uns und wir vermitteln einen direkten Kontakt. Noch sind zwei Plätze frei.

Wir rufen auch dazu auf den Dresden-Balkan-Konvoi zu unterstützen. Wer sich vorstellen kann Hilfstransporte zu fahren bzw. vor Ort praktische Unterstützung zu leisten kann sich dort direkt melden.


[1] Der „antiautoritärer Raum“ ist eine Eigenbezeichnung der nicht-parlamentarischen Strukturen in Griechenland die sich horizontal, d.h. mit möglichst geringen Hierarchien organisiert und Parteienpolitik ablehnt. Er umfasst sowohl Einzelpersonen als auch verschiedene feste und lose Gruppen die sich an anarchistischen und libertär -kommunisitischen Ideen orientieren.