Redebeitrag “Solidarity without limits”

Wir halten hier unseren Redebeitrag, der auf der Demo “Grenzenlose Solidarität – Solidarity without limits” am 06. Februra 2016 gehalten wurde, fest. Ein gemeinsame Erklärung zu dem Aktionstag findet ihr auf dem Blog des Bündnisses. In Dresden waren ca. 2000 Menschen auf der Straße, um der Abschottungspolitik und dem rassistischen Straßenmob eine Absage zu erteilen.

Dieser Tage wird von Politiker_innen viel über Fluchtursachen geredet. Es gibt eine einhellige Erkenntnis: „Da müssen „wir“ was tun!“ In der Praxis sieht das dann so aus: deutsche Minister_innen treffen sich mit den Präsidenten von Eritrea um über wirtschaftliche Kooperation zu reden, dem König von Marokko verspricht man Moneten, wenn er zurückgeführte Migrant_innen bei sich ein halbes Jahr in den Knast steckt. In der Schweiz verhandelt die UNO mit dem Diktator Assad und fundamentalistischen Islamisten* um eine politische Lösung des syrischen Bürgerkriegs zu erreichen. Der autoritären Regierung in der Türkei verspricht die deutsche Regierung Milliarden, damit sie die Migrationsbewegungen dieser Tage möglichst schon vor der europäischen Außengrenze stoppen. Dass der türkische Staat selbst Krieg gegen die kurdische Bevölkerung und die dortige linke Zivilgesellschaft führt, erscheint in diesen Verhandlungen als Nebensache.

In wirtschaftlicher Hinsicht setzt sich die neokoloniale Politik der 70er und 80er Jahre ebenfalls fort. Unter dem wohlklingenden Schlagwort „Entwicklungshilfe“ werden periphere Märkte erschlossen und damit Bedingungen für Investitionen des deutschen und europäischen Kapitals geschaffen. Für die meisten Menschen im „globalen Süden“ bedeutet das aber nicht eine Steigerung des Lebensstandards, sondern eine drastische Verschlechterung der Existenzbedingungen. Durch Land Grabing werden kommunale, gemeinsam verwaltete Güter in den Markt eingeführt, was einer praktischen Enteignung gleich kommt. Minen, die Rohstoffe für die europäische Industrie produzieren, mögen zwar einigen War Lords und Regierungschefs eine Menge Asche bringen. Für den Großteil der Bevölkerung bedeuten sie aber Zerstörung der Lebensbedingungen, Krieg oder gar Versklavung. Die Bullshit-Liste der vermeintlichen Bekämpfung von Fluchtursachen durch den kapitalistischen Markt und die Staaten der neoliberalen Kernzonen ließe sich noch ewig fortführen.

Wenden wir unseren Blick aber nach Europa. Die sogenannte Balkanroute gleicht mittlerweile einer militarisierten Gartenspartensiedlung, in der nur Vereinsmitglieder an das Gartentor der Nachbar_innen klopfen dürfen. In der deutschen Gartensparte hat man sich bisher entschlossen keinen Zaun zu bauen, aber die Nicht-Vereinsmitglieder im Geräteschuppen unterzubringen solange sie sich so verhalten, wie es der Vereinsvorstand verlangt. Das bedeutet ehrfürchtiges Betteln und Warten. Das Gartenspartenvolk grölt während dessen, dass das Bier alle ist und der Geräteschuppen noch zu gut für „die Anderen“. Auch hier ließe sich noch einiges sagen über entfremdeten Protest, institutionellen Rassismus, Postkolonialismus, das Verhältnis von kapitalistischer Peripherie und Zentrum und rassistischer Diskriminierung oder den autoritären Charakter, aber auch das wollen wir vorerst beiseite lassen. Halten wir erstmal fest: Alles Scheiße, alles Dreck!

Wir brauchen also Perspektiven jenseits von politischer Gartenspaltenkultur und kapitalistischer Vergesellschaftung in Konkurrenz! Wir sollten anfangen mit den Flüchtenden zu reden anstatt mit jenen vor denen sie geflohen sind. Dazu brauchen wir für den Anfang Räume, in denen wir Platz haben, um uns zu begegnen und gemeinsam Zeit zu verbringen, in denen wir unsere politischen Anliegen besprechen und uns organisieren können, in denen Menschen mit und ohne Papiere nicht getrennt werden, einen Ort an dem wir gemeinsam gestalten können, ohne dass uns die Behörden reinquatschen!

Sogar in der Gartensparte gibt es Menschen, die sich aktiv dafür einsetzen, dass fabrizierte Elend zu lindern. Sie verteilen Essen in Lagern, spenden Kleidung und geben Sprachkurse. An der Gesamtscheiße des globalen Ausbeutungs- und Ausgrenzungssystem ändert das leider wenig. Deswegen brauchen wir Orte, nennen wir sie mal Social Centers 4 All, an denen wir gemeinsam Alternativen zum Bestehenden entwickeln können.

Gegen die Logik der Gartensparte, für den kollektiven Acker!

Reißen wir die Zäune ein!

Social Centers for All! Solidarity without limits!